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Das erste C-Programm, das man zu sehen bekommt, ist für die meisten das "Hallo Welt". Bei "Hallo Welt" geht es weniger um die Funktionalität an sich, sondern darum zu lernen, wie man überhaupt ein Programm übersetzt und einen Compiler verwendet.

Was für den PC das "Hallo Welt", ist für einen kleinen Microcontroller der "Hallo Blinky", der einfach nur eine Leuchtdiode (LED) blinken lässt.

Im Vergleich zu "Hallo Welt" sieht der Blinky viel komplizierter aus, aber eigentlich ist er einfacher, dann es werden keine umfangreichen Funktionen oder Black-Boxen benutzt wie etwa printf(). Ausser dem eingegebenen Quellcode kommt also kein andere Code zur Ausführung!

Beschreibung

Von der C-Quelle zum hex-File

Das Beispiel besteht ganz bewusst aus zwei getrennten Quelldateien (Modulen) um zu zeigen, wie man Code auf mehrere Dateien aufteilen kann um die Übersichtlichkeit bei grösseren Projekten zu wahren.

Ausserdem wird das Übersetzen über Kommandozeilen-Eingaben erledigt und nicht über Werkzeuge wie make, das die Zusammenhänge eher verschleiert als erhellt, und dessen inkorrekte Anwendung eine häufige Fehlerquelle ist.

Nach Speichern der Quelldatein in ein eigenes Verzeichnis enthält dieses die Dateien

blinky.c timer1.c timer1.h

Compilieren

Zunächst werden die C-Dateien übersetzt. Der Übersetzungsvorgang wird gesteuert durch Kommandozeilen-Parameter (siehe avr-gcc). Die Option

-c
legt fest, daß nur compiliert wird (und nicht gelinkt),
-o name
gibt den Name der Ausgabedatei an. Ohne diese Option heisst die Ausgabedatei immer a.out
-mmcu=atmega8
legt den Controllertyp fest, in dem Beispiel den ATMega8
-g
erzeugt Debug-Infos und
-Os
optimiert auf Codegröße.
avr-gcc blinky.c -c -o blinky.o -Os -g -mmcu=atmega8
avr-gcc timer1.c -c -o timer1.o -Os -g -mmcu=atmega8

Danach sind zwei neue Dateien entstanden (*.o)

blinky.c blinky.o timer1.c timer1.h timer1.o

In der Quelle wird der Wert für das OCR1A-Register aus der Taktfrequenz des Controllers (F_CPU) und der Anzahl an Interrupts, die pro Sekunde ausgelöst werden sollen (INTERRUPTS_PER_SECOND), berechnet.

Standardmässig sind AVRs mit dem internen RC-Oszillator mit ca. 1 MHz getaktet. Daher wird F_CPU in timer1.c zu 1000000 definiert:

#ifndef F_CPU
#define F_CPU 1000000
#endif /* F_CPU */

Dieser Wert hat rein informativen Charakter und bewirkt nicht, daß der Controller mit einer anderen Frequenz läuft! Das geht über einen anderen Quarz/Oszillaor oder andere Fuse-Einstellungen.

Hat man den AVR mit einem anderen Takt laufen, dann gibt man diesen einfach in der Kommandozeile an, z.B. für 8 MHz:

avr-gcc ... -DF_CPU=8000000

Analog kann man mit INTERRUPTS_PER_SECOND verfahren, das auf 1000 gesetzt ist, und auch mit der Option -D überschrieben werden kann.

Linken

Die beiden erzeugten Objekte werden nun zusammengebunden, um die Ausgabedatei (*.elf) zu erhalten:

avr-gcc blinky.o timer1.o -o blinky.elf -mmcu=atmega8

erzeugt die ausführbare Datei (*.elf), die noch zusätzliche Informationen wie Debug-Infos etc. beinhaltet mit dem Namen blinky.elf:

blinky.c blinky.elf blinky.o timer1.c timer1.h timer1.o

Umwandeln nach hex

Viele Progger wollen die zu ladende Datei im Intel-hex-Format (*.hex bzw. *.ihex). Dazu gibt man an

avr-objcopy -j .text -j .data -O ihex blinky.elf blinky.hex

Damit enthält die hex-Datei die Sections .text (Programm) und .data (Daten). Das Verzeichnis beinhaltet jetzt

blinky.c blinky.elf blinky.hex blinky.o timer1.c timer1.h timer1.o

Listfile erstellen

Falls man ein Listfile haben möchte, dann geht das mit

avr-objdump -h -S -j .text -j .data blinky.elf > blinky.lst

Das Listfile ist eine Textdatei, die alle Assembler-Befehle auflistet, wie sie letztendlich auf den Controller geladen werden.

avr-objdump gibt seine Ausgabe auf das Terminal aus. Diese Ausgabe wird mit '>' in die Datei blinky.lst umgeleitet. Hier ein Ausschnitt aus dem Listfile:

0000005c <job_timer1>:
    uint16_t count;

    /* irq_count um 1 erhöhen und              */
    /* gegebenenfalls die LED blinken */
    count = 1+irq_count;
  5c:   20 91 60 00     lds     r18, 0x0060
  60:   30 91 61 00     lds     r19, 0x0061
  64:   2f 5f           subi    r18, 0xFF       ; 255
  66:   3f 4f           sbci    r19, 0xFF       ; 255

    if (count >= INTERRUPTS_PER_SECOND)
  68:   83 e0           ldi     r24, 0x03       ; 3
  6a:   28 3e           cpi     r18, 0xE8       ; 232
  6c:   38 07           cpc     r19, r24
  6e:   30 f0           brcs    .+12            ; 0x7c
    {
        count = 0;
  70:   20 e0           ldi     r18, 0x00       ; 0
  72:   30 e0           ldi     r19, 0x00       ; 0
        PORT_LED ^= (1 << PAD_LED);
  74:   88 b3           in      r24, 0x18       ; 24
  76:   92 e0           ldi     r25, 0x02       ; 2
  78:   89 27           eor     r24, r25
  7a:   88 bb           out     0x18, r24       ; 24
    }

    irq_count = count;
  7c:   30 93 61 00     sts     0x0061, r19
  80:   20 93 60 00     sts     0x0060, r18
  84:   08 95           ret

Links stehen die Adressen, dann die Maschinencodes der Befehle, danach die Maschinencodes in Assembler-Darstellung. Ganz rechts nach dem Kommentarzeichen ';' stehen die Dezimalcodes von Konstanten (z.B. 24 für die 0x18 an Adresse 74) oder die Zieladressen von Sprüngen, wie bei dem brcs-Befehl an Adresse 6e, der gegebenenfalls 12 Bytes überspringt und dann an Adresse 7c landet.

Die Größe ermitteln

Die Größe der erhaltenen Objekte/Files können mit avr-size ausgegeben werden.

avr-size -x blinky.o timer1.o

druckt aus:

  text    data     bss     dec     hex filename
  0x42     0x0     0x2      68      44 blinky.o
  0x70     0x0     0x2     114      72 timer1.o

Das ist die Größe der einzelnen Objekte. Für das Flash relevant ist die Größe von .text (Code) + .data (initialisierte Daten), für das SRAM relevent ist .data (initialisierte Daten) + .bss (null-initialisierte Daten).

Im Flash werden also 114+68+0+0=182 Bytes belegt, und im SRAM 0+0+2+2=4 Bytes.

Die Gesamtgrösse ergibt sich jedoch erst aus dem elf-File, denn auch die Vektortabelle und der Startup-Code belegen Platz:

avr-size -x -A blinky.elf

druckt aus:

blinky.elf  :
section     size       addr
.text      0x110        0x0
.data        0x0   0x800060
.bss         0x4   0x800060
.noinit      0x0   0x800064
.eeprom      0x0   0x810000
.stab      0x798        0x0
.stabstr   0x6b0        0x0
Total      0xf5c

Im Flash werden somit 0x110+0=272 Bytes belegt, also 90 Bytes mehr als die Objekte benötigen; davon entfallen z.B. schon 38 Bytes auf die Vektortabelle des ATMega8, die 2*19 Bytes groß ist.

Die Größen einzelner Funktionen lassen sich anzeigen mit

avr-nm --size-sort -S blinky.elf

was nach Größe sortiert ausdruckt:

00800060 00000002 b irq_count
00800062 00000002 b timer1a_job
00000086 00000018 T main
0000009e 00000022 T timer1_init
0000005c 0000002a t job_timer1
000000c0 0000004e T SIG_OUTPUT_COMPARE_1A

Quellcode

blinky.c

#include <avr/io.h>
#include <avr/interrupt.h>

#include "timer1.h"

/* PortB.1 blinkt jede Sekunde                */
/* also mit einer Frequenz von 1/2 Hz         */
#define DDR_LED DDRB
#define PORT_LED PORTB
#define PAD_LED 1

static void ioinit();
static void job_timer1();

/* Zählt in jedem aufgetretenem IRQ eins hoch */
static volatile uint16_t irq_count = 0;

/* Diese Funktion ist ein 'Callback'          */
/* Sie wird an timer1_init() übergeben        */
/* und von dort aus aufgerufen, und zwar      */
/* INTERRUPTS_PER_SECOND mal pro Sekunde.     */
/* Sie wird also auf IRQ-Ebene ausgeführt     */
void job_timer1()
{
    uint16_t count;

    /* irq_count um 1 erhöhen und              */
    /* gegebenenfalls die LED blinken */
    count = 1+irq_count;

    if (count >= INTERRUPTS_PER_SECOND)
    {
        count = 0;
        PORT_LED ^= (1 << PAD_LED);
    }

    irq_count = count;
}

void ioinit()
{
    /* Port als Ausgang */
    DDR_LED |= (1 << PAD_LED);
    
    /* Initialisiert Timer1, um jede Sekunde              */
    /* INTERRUPTS_PER_SECOND mal die Funktion job_timer1  */
    /* aufzurufen */
    timer1_init (job_timer1);
}

int main (void)
{
    /* Peripherie initialisieren */
    ioinit();

    /* Interrupts aktivieren     */
    sei();

    /* Nach main landen wir in exit(),                    */
    /* das nur aus einer Endlosschleife besteht (avr-gcc) */
    /* Der Interrupt lässt die LED weiterhin              */
    /* im Sekundentakt blinken                            */
    return 0;
}

timer1.h

#ifndef _TIMER1_H_
#define _TIMER1_H_

#include <inttypes.h>

#ifndef INTERRUPTS_PER_SECOND
#define INTERRUPTS_PER_SECOND				1000
#endif /* INTERRUPTS_PER_SECOND */

extern void timer1_init (void (*) (void));

#endif /* _TIMER1_H_ */

timer1.c

#include <avr/io.h>
#include <avr/signal.h>

#include "timer1.h"

#ifndef F_CPU
#define F_CPU 1000000
#endif /* F_CPU */

/* Test von F_CPU und INTERRUPTS_PER_SECOND */
/* auf Gültigkeitsbereich                   */
#if (F_CPU / INTERRUPTS_PER_SECOND -1 < 0) \
    || (F_CPU / INTERRUPTS_PER_SECOND -1 >= 0x10000)
#error Werte für F_CPU bzw. INTERRUPTS_PER_SECOND ungeeignet
#error evtl. muss der Prescaler verwendet werden
#endif

/* Callback-Funktion */
static void (*timer1a_job) (void);

void timer1_init (void (*job) (void))
{
    timer1a_job = job;

#if defined (__AVR_AT90S2313__)
    /* AVR Classic:                     */
    /* Timer1 läuft mit vollem Takt     */
    /* CTC: Clear Timer on CompareMatch */
    /* Timer1 ist Zähler                */
    TCCR1A = 0;
    TCCR1B = _BV (CS10) | _BV (CTC1);
#elif defined (__AVR_ARCH__) && ((__AVR_ARCH__==4) || (__AVR_ARCH__==5))
    /* AVR Mega:                                 */
    /* Mode #4 für Timer1 (ATMega8 Manual S. 97) */
    /* und voller MCU Takt (Prescale=1)          */
    TCCR1A = 0;
    TCCR1B = _BV (WGM12) | _BV (CS10);
#else
#error Dont know how to setup timer1
#endif

    /* OutputCompare1A Register setzen        */
	OCR1A = (uint16_t) ((uint32_t) F_CPU / INTERRUPTS_PER_SECOND -1);

    /* evtl. gesetztes OC1A-Flag zurücksetzen */
    TIFR = (1 << OCF1A);

    /* OutputCompare1A Interrupt aktivieren   */
    TIMSK |= (1 << OCIE1A);
}

/* Die Interrupt Service Routine ruft lediglich */
/* timer1a_job auf (callback)                   */
SIGNAL(SIG_OUTPUT_COMPARE_1A)
{
    timer1a_job();
}

Spin-off

Eine LED blinken zu lassen könnte auch wesentlich einfacher implementert werden, also z.B. ohne Funktionsaufrufe oder Interrupt-Programmierung.

Neben der eigentlichen Aufgabe "LED blinken lassen" kann man an dem Code aber noch andere Dinge lernen:

  • Programmierung eines Interrupts
  • Initialisierung von Timer1 als Zähler mit "Clear Timer on Compare Match"
  • Bedingte Codeübersetzung/Controllerunterscheidung mit #ifdef (in timer1_init)
  • Abchecken der Güligkeit von Defines durch den Präprozessor
  • Übergabe eines Funktionszeigers, um später eine Funktion indirekt aufzurufen
  • Zusammenlinken mehrerer Module

Siehe auch


LiFePO4 Speicher Test